Unvorstellbares Leid

Schülerinnen und Schüler der Gemeinschaftsschule Marpingen auf Exkursion in Verdun

Diesen Besuch werden sie nie mehr vergessen. Amelie, Kathie und Jannik, Schüler der 9d der Gemeinschaftsschule Marpingen, berichten von ihrem Besuch auf den Schlachtfeldern und den Gedenkstätten von Verdun kurz vor den Sommerferien. 
Hier, oberhalb des Maastals bei Verdun, gerade mal 120 km von der saarländischen Grenze entfernt im französischen Lothringen, tobte im Ersten Weltkrieg ein jahrelanger Stellungskrieg. Deutsche und französische Soldaten, oft kaum 20 Jahre alt, standen sich hier mitunter Aug in Aug mit Gewehr und Bajonett gegenüber. Hunderttausende verloren hier in einem halben Jahr auf beiden Seiten ihr Leben, verloren Gliedmaßen, waren ihr Leben lang gezeichnet von den Qualen dieses Krieges. Und das alles, um vielleicht einige Meter Gelände gegenüber dem „Feind“ gutzumachen. Hintergrund dieses verheerenden, in Frankreich als den Großen Krieg bezeichneten Ersten Weltkrieges war ein übersteigerter Nationalismus, der heute, angesichts des vereinten Europas, geradezu provinziell erscheint. Doch auch heute stehen sich in Europa Menschen im Kampf gegenüber: Die einen verteidigen ihr Land, die anderen glauben, ihren Machtanspruch über dieses Land durchsetzen zu dürfen. Leidtragende sind an vorderster Front immer die Soldaten. Auf ihrer Exkursion nach Verdun konnten die drei Jugendlichen zusammen mit ihren Mitschülerinnen und Mitschülern dies an den Originalschauplätzen und angesichts der endlosen Reihen der Soldatengräber unmittelbar erfahren und nachempfinden.
Amelie blieb vor allem die von den Bombentrichtern übersäte Landschaft im Gedächtnis, die bis heute von den unmenschlichen Kämpfen zeugt: „Überall sieht man noch die tiefen Krater, und man darf sich gar nicht vorstellen, wie es ist, hier gewesen zu sein, als all diese Bomben niederprasselten.“ Auch Kathie ist noch immer fassungslos, dass ganze Dörfer ausradiert wurden, deren Überreste heute als Mahnmal daran erinnern, alles zu tun, um Kriege und Kämpfe zu verhindern. „Unvorstellbar krass“ findet Yannik darüber hinaus die Festungen, Forts genannt, in denen Hunderte Soldaten unterirdisch hausten, abgeschnitten vom Tageslicht, in ständiger Todesangst, bedrückend und hoffnungslos. „Für viele wurden diese Forts auch zum Grab, wenn eine starke Bombe alle Schutzwälle durchbrach oder Giftgas einfloss“, berichtet er von der Führung in einem der erhaltenen Forts. 
Wie alle ihre Mitschüler finden es die Drei seltsam, dass damals Deutsche gegen Franzosen kämpften. „Das ist ja schon lange her. Aber die Gedenktafeln im Beinhaus, das Alter der Gefallenen, meist zwischen 18 und 25, machen einen schon nachdenklich“, erläutert er. Wieso gab es damals einen solchen Hass aufeinander, dass man bereit war, die jungen Männer der Länder in eine solche Hölle zuschicken? Andererseits kommt auch die Frage auf, wie Frankreich und Deutschland es geschafft haben, diesen Hass zu überwinden, aus Feinden Freunde zu machen. Mit dabei waren die beiden Klassenlehrer, Eva Wagner und Gerd Rauch, die im Anschluss eine Menge solcher Fragen zu beantworten hatten. „Wichtig ist es, nicht zu vergessen. Frieden wie Freundschaft sind nicht selbstverständlich“, betont Eva Wagner, Politik- und Geschichtslehrerin der Klasse. Dafür müsse man aber auch etwas tun. Zum Beispiel an den Ort dieser schrecklichen Ereignisse der Opfer zu gedenken, spüren, dass es - wäre man nur einige Jahrzehnte früher geboren - auch einen selbst hätte treffen können. Und, da sind sie sich einig, alles zu tun, damit Hass und Ausgrenzung auch heute nicht die Oberhand gewinnen. 
Das große Interesse der Jugendlichen zeigt, dass Verdun nicht nur Geschichte ist, sondern auch für sie eine Herausforderung darstellt, sich im Alltag wie im sozialen Umfeld für Verständigung und gegen Vereinfachung und Hass einzusetzen.