Der Vorlesewettbewerb des Börsenvereins des deutschen Buchhandels gehört zu den traditionsreichen deutschen Schülerwettbewerben. Er wird in jedem Jahr für die Klassenstufe 6 an den Schulen in ganz Deutschland durchgeführt und bietet jungen Lesebegeisterten eine Möglichkeit, sich und ihr Lieblingsbuch vorzustellen, eine jede Menge unbekannter Bücher kennenzulernen und anderen ihre eigenen Heldinnen und Helden vorzustellen.
Lesen sei leider immer weiter auf dem Rückmarsch und müsse sich gegen die Dominanz der neuen Medien behaupten, erklären Anne Backes und Dunja Parisi, Deutschlehrerinnen der Stufe 6 und Jurymitglieder beim Vorlesewettbewerb der Gemeinschaftsschule kurz vor den Weihnachtsferien. Doch lesen sei Kino im Kopf, fördere die Phantasie, die Kreativität und Konzentrationsfähigkeit, was natürlich auch für das Vorlesen gelte. „Und“, erklärt Michel Sticher, Schulleiter in Marpingen, selbst Deutschlehrer und ebenfalls in der Jury des Wettbewerbs, „Lesen macht Spaß, eröffnet neue, unbekannte, ungeahnte Welten.“
Diesen Spaß konnte man den diesjährigen Teilnehmerinnen und Teilnehmern der Gemeinschaftsschule Marpingen ansehen. Die sechs Sechsklässler strahlten über bei Ohren. Sie sind häufig in der Marpinger Schulbibliothek anzutreffen, umgeben von Hunderten von Büchern, dort, wo er noch zu finden ist, der Geruch der guten alten Zeit. Bunte Buchdeckel reihen sich hier einer an den anderen, es riecht etwas muffig, zuweilen staubig. Und gerade deswegen steckt dieser Ort so voller phantastischer Eindrücke. Wegen laufender Renovierungsarbeiten stand ihr Lieblingsort mit seiner Couch und den gemütlichen Lesesesseln noch nicht zur Verfügung, weshalb man eine Etage höher ziehen musste. Die anfängliche Anspannung wich schnell der Freude daran, endlich loslegen zu können. Maja Weber, die diesjährige Siegerin aus der 6c, las aus dem Abenteuerroman „Das Schloss der Smartphone-Waisen“ von Salah Naouro vor, dessen Titel die Stimmung unter den sechs Lesebegeisterten und während des Wettbewerbs eins zu eins widerspiegelte. Kein Piepsen, kein Summton, kein Techno-Sound unterbrach die gespannte Ruhe, die jeden der sechs Vorträge begleitete. Hier spielten die analoge Welt, das papierene Buch, die eigene, originale Stimme die Hauptrolle. Es wurde nicht nur auf fehlerfreies, sondern v.a. auf sinnbetonendes und mitreißendes Lesen geachtet. Neben den Vertretern der Lehrerschaft verfolgten auch die drei Schülerjuroren Elias, Mariella, (beide aus der 11a) und Tessa, die Vorjahressiegerin aus der 7d, voll konzentriert die Vorträge. „Es war eine äußerst knappe und schwierige Entscheidung“, hebt Anne Backes hervor. „Alle schafften es, die Zuhörer in ihrer Vorlesewelt eintauchen zu lassen.“ Lisa-Marie Meisberger (6a) gelang es so, sich hinter Maja den zweiten Platz zu erlesen. Auch die weiteren Platzierten, Emma Weinhold (6a), Hanna Endres, Joel Zeutzem (6b) und Alea Cernaveri (6c) überzeugten die Jury, die sich lange beraten musste um dann am Ende zwar eine Siegerin zu küren, aber gleichzeitig alle sechs als Leseprofis auszuzeichnen. Maja wird beim Kreisentscheid im kommenden Frühjahr die Gemeinschaftsschule Marpingen vertreten. Doch in erster Linie sind alle zusammen Botschafterinnen und Botschafter für das Buch, für die Phantasie und die Freiheit, sich in unbekannte Welten zu begeben, eigene Bilder und Vorstellungen zu entwickeln.