Ein Avatar genannt Roberta

Lernroboter im Einsatz an der Gemeinschaftsschule Marpingen

Wenn er nicht zum Unterricht kommen kann, ist sie seine Vertretung: Zugegeben um einiges kleiner als der junge Mann - und auch blasser. Ihr Outfit ist in neutralem Weiß gehalten, doch leuchten ihre Augen in unterschiedlichen Farben auf. Allerdings sind es keine „echten“ Augen, sondern rote und blaue Minilampen, mit denen sie zu erkennen gibt, dass sie ganz da ist, aufmerksam zuhört und auch die Informationen weiterleitet. Am anderen, virtuellen Ende sitzt Jannis und nimmt durch ihre Hilfe am Unterricht teil. Denn an manchen Tagen schafft er es gesundheitlich nicht, den Weg in die Schule zu bestreiten.

Jannis ist 19 Jahre, steht kurz vor der Abiturprüfung. Eine Erkrankung hat ihn bereits in den Schuljahren zuvor vor einige Herausforderungen gestellt - und nun, wenige Monate vor dem schulischen Abschluss, erfordert eine Folgebehandlung Improvisationstalent. Die vor einigen Jahren noch ungeahnten technischen Möglichkeiten unterstützen ihn dabei. Eine dieser digitalen Innovationen wurde in der Marpinger Schule spontan „Roberta“ getauft, ein durchaus naheliegender Name für den kleinen, gelenkigen Roboter mit der integrierten Webcam. Robertas Form erinnert an einen sehr jungen Schüler, der kaum über die Schulbank hinausschauen kann. Daher sitzt Roberta nicht auf einem Stuhl, sondern darf als einzige in der Klasse auf dem Tisch stehen. Hier nimmt sie für Jannis am Unterricht teil, kann sich, wenn er ihr im entfernten Zuhause den Befehl gibt, den jeweiligen Gesprächspartner zuwenden, Fragen stellen und Antworten geben. Dafür hat sie integrierte Lautsprecher und ein Mikrofon. Über ihre Webcam orientiert sich Jannis vom häuslichen Schreibtisch im Klassenraum, nimmt seine Lehrer, Lehrerinnen und Mitschüler wahr und hat sogar ein Repertoire unterschiedlicher Gesichtsausdrücke auf Lager, mit denen sie bzw. Jannis Interesse, Erstaunen oder Freude ausdrücken kann.  

Robertas Zuhause findet sich eigentlich im nahen Rheinland-Pfalz. In der Eifel gibt es noch vier „Geschwister“, die ebenfalls für besondere Lernsituationen eingesetzt werden, um Schülerinnen und Schülern, die zeitweise nicht live am Unterricht teilnehmen können, dieses virtuell zu ermöglichen. Jannis Klassenlehrer Jan Wagner hat den Lernroboter bei der Elterninitiative Eifelelfen für erkrankte Schüler/innen aus Bitburg aufgespürt. Drei Frauen, Franziska Hahn, Inge Reiter und Marianne Hesels-Winkel sammelten u.a. im Rahmen einer Pilgerradtour nach Santiago de Compostela Spenden, die u.a. zur Anschaffung der kleinen Lernroboter dienten. Dem Lehrer für Mathematik und Wirtschaftslehre an der Marpinger Gemeinschaftsschule ist es zu verdanken, dass Roberta auch den Weg in den Kreis St. Wendel gefunden hat und Jannis alle Chancen offenhält, die letzten Unterrichtswochen ohne Unterbrechungen erfolgreich zu absolvieren. „Ach, so sieht die aus“, zeigt er sich erstaunt, als er sie zum ersten Mal selbst zu Gesicht bekommt. Wie seine Mitschülerinnen und Mitschüler ist er auch ein wenig erheitert wegen des lustigen Aussehens. Und erstaunt darüber, was sie alles kann, sein Avatar, die kleine Roberta.