Die ganz große Tour

Schülerinnen und Schüler der GemsMarpingen blicken auf die diesjährige Transalp zurück und auf die kommende voraus.

Die Infos der Touren-App verhießen große Anstrengung: „Schwere Mountainbike-Tour. Sehr gute Kondition erforderlich. Fortgeschrittene Fahrtechnik notwendig. Auf einigen Passagen wirst du dein Rad vielleicht schieben müssen“.  Beim Start im südbayerischen Ruhpolding lagen 330 km, 8650 Höhenmeter bergauf und 8480 Höhenmeter bergab vor den 28 jungen Erwachsenen, die sie eine Woche lang kreuz und quer durch Tirol, über den Alpenhauptkamm nach Italien und wieder zurück ins Inntal nach Innsbruck führten.

Jedes Jahr startet die Gemeinschaftsschule Marpingen in ihrem Seminarfach der Stufe 12 die Alpentour per Rad - mit keiner anderen als der Muskelkraft, die aus Waden, Oberschenkeln und Armen stammt. „Denn bergauf geht es zuweilen ordentlich zur Sache, und es heißt: raus aus dem Sattel. Da ist der ganze Körper gefragt“, erklärt Leon Brandt. Der junge Mann ist zurzeit Schüler der Klassenstufe 13 und steht kurz vor dem Abitur. Am 4. Juni 2025 waren er und seine Mitschülerinnen und Mitschüler zur großen Tour gestartet, nach akribischen und umfassenden Vorbereitungen, was Streckenverlauf, Verpflegung, Unterkunft und Training anging. Start war Ruhpolding südöstlich des Chiemsees. Über die noch recht sanften Chiemgauer Alpen ging es am Europa-Naturschutzgebiet Winklmoos vorbei, über die deutsch-österreichische Grenze in die Quertäler des Loferbachs und der Großache. Kitzbühel wurde rechts liegen gelassen, die Anstiege nahmen zu. Um ins Salzachtal zu gelangen, musste die Stangenalm auf über 1700 m Höhe passiert werden. Schon hier zeigten sich die Tiroler Alpen von ihrer faszinierenden Seite. „Die atemberaubende Landschaft lenkt ordentlich von den Anstrengungen ab“, erklären Daniel Hamzin und Ben Jung. Ihr Radkollege Peter Wilhelm ergänzt: „Die Gipfel zu erstürmen bringt einen in den Flow, der alle irgendwie mit nach oben zieht. Doch so manches Mal war man auch auf die Unterstützung und den Ansporn der anderen angewiesen.“ Denn es sind nicht nur gute körperliche Kondition und Muskelkraft gefragt, sondern auch mentale Stärke. „Vor allem dann, wenn man sich in schier endlosen Kurven nach oben schlängelt und ein Ende nicht absehbar ist“, berichtet Marie Hoffmann von ihren Erfahrungen.

Spätestens hinter Neukirchen am Großvenediger war es dann soweit: Der relativ gemütliche Tauernradweg wurde mit Waldpisten eingetauscht, die sich immer weiter den Hang hinaufzogen. In vielen Aufs und kurzen Abs erreichte die Truppe Königsleiten am eindrucksvollen Durlassboden-Stausee, nach kurzer Abfahrt das Zillertal, wo es über Mayrhofen zum Alpenhauptkamm richtraus nach Süden ging. Die Pisten wurden immer steiler, die Berge höher, zuerst 3000 , dann mit dem Olperer fast 3500 m. Gletscher blitzten über der Waldgrenze im Sonnenlicht auf: „Das Highlight für uns alle war der Pass Pfitscher Joch“, schwärmen Ben und Peter: „Uriges, wildes Hochgebirge mit einzelnen Karseen, mit Schneefeldern, Geröll, glänzenden Felskegeln und Bergspitzen“. Es war einfach nur „scheen“, meint Leon, Ben und Daniel ergänzen: „Grandios“. Der Pass war der Auftakt zum großen Alpenfinale, das steil hinab nach Südtirol ins Tal des Rio di Vizze, des Pfitscher Bachs, führte, um gleich wieder in unzähligen Kehren zum Schlüsseljoch erneut auf 2250 m aufzusteigen. Murmeltiere, Greifvögel und grüne Almwiesen voller bunter Blumen waren nicht nur an der berühmten Enzianhütte über dem Eisacktal ihre ständigen Begleiter. Ein letzter Anstieg führte dann wieder Richtung Norden, über den Brenner zurück nach Österreich. Entspannt konnte man das Rad von hier aus ins Inntal rollen lassen. Südlich von Innsbruck, beim Ort Natters, waren dann die letzte Station und das Ziel der Tour erreicht.

Die Begeisterung über die Transalp zieht jedes Jahr immer wieder jüngere Mitschüler/innen in den Bann - trotz aller Anstrengung, Strapazen und so manchem Unmut wegen nicht enden wollender Anstiege. So wundert es nicht, dass sich auch im aktuellen Schuljahr 2025/26 erneut 28 Marpinger Schüler auf die große Alpenüberquerung vorbereiten - mit Trainingsfahrten, Ausdauer- und Kraftübungen, mit der Suche nach Sponsoren und der Planung von Strecke und Unterkunft.  Vier von ihnen sind Adrian Schuler, Mariella Schuh, Kian Weiskircher und Leandro Alongi: „Uns reizt es, die eigenen Grenzen zu testen und zu schauen, wie weit bzw. hoch hinaus man mit eigener Kraft kommen kann“. Diese Haltung ist es auch, die Thomas Alt, Lehrer an der GemsMarpingen, Schulleitungsmitglied und Organisator der Transalp, jedes Jahr aufs Neue motiviert, den doch erheblichen Aufwand einer so außergewöhnlichen Schulexkursion zu stemmen: „ Wir haben in unserer Kontinuität ein Alleinstellungsmerkmal“, erklärt er, „seit 2016 bieten wir – ohne Unterbrechung - diese Herausforderung an.“ Nur während der Corona-Pandemie sei aus der Transalp einmal eine Saarlandrundfahrt, im Jahre 2024 aus Anlass der Olympischen Spiele eine Olympiafahrt nach Paris geworden. Doch wie 2025 werden auch im Juni 2026 die Alpen wieder im Fokus stehen, auch wenn für Thomas Alt viele der Wege bereits bekannt sind: „Die Berge sind immer wieder ein Erlebnis, das für Schülerinnen und Schüler ein Leben lang unvergessen bleiben wird“, fügt er abschließend an. Und da stimmen Leon, Marie, Ben, Daniel, Peter und die anderen ohne Einschränkung zu.